Er gehört zu den ältesten Waffen, die der
Mensch in seinen Händen hielt: der Speer. Was vor mehreren Millionen Jahren mit einem langen, angespitzten Stock begann, entwickelte
sich schnell zu einer effektiven Jagdwaffe. Mit den Jahren kristallisierten sich immer mehr Feinheiten heraus und verschiedenste Speer
Arten entstanden.
Was genau ist ein Speer eigentlich?
Bei einem Speer handelt es sich um eine
sogenannte Stangenwaffe, die zum Werfen und Zufügen von Stichwunden zum Einsatz kommt. Er ist für den Fern- und Nahkampf
gleichermassen gedacht. Die Stange – der sogenannte Schaft – ist im Schnitt eineinhalb bis zwei Meter lang. An seinem Ende verfügt
er über eine Spitze. Diese kann aus den verschiedensten Materialien gefertigt sein.
Der ideale Speer verfügt über einen
geraden Schaft. An dessen Ende wurde eine handkantenlange Tülle mit bis zu zwei Nägeln fixiert und verklebt. Sie mündet in eine
Speerspitze in Form einer langgezogenen Raute.
Wie führt man einen Speer?
Der Kämpfer führt seinen Speer ein- oder
beidhändig. Entscheidet er sich für eine einhändige Variante, hat er die Möglichkeit, gleichzeitig einen Schild mitzuführen. Hält er
die Waffe nur in einer Hand, fällt es allerdings schwerer, Angriffe damit abzuwehren. Mit dem Schild ist dies dafür umso besser
möglich.
Trägt der Kämpfer ausreichend Rüstung und
ist er nicht auf einen Schild angewiesen, kann er den Speer auch beidhändig führen. Das ermöglicht einen besonders offensiven
Einsatz der Waffe. Die Angriffsfrequenz erhöht sich, denn der Kämpfer kann sicher Stoss nach Stoss setzen und den Gegner stärker
bedrängen. Auch einen raschen Wechsel der Stossrichtung ermöglicht die beidhändige Führung des Speers.
Aus welchen Materialien besteht ein Speer?
Die ersten Speere wurden ganz simpel aus
Holz gefertigt. Allerdings wurde schnell klar, dass vor allem die Spitze schnell abnutzte, egal wie intensiv man sie anschärfte. Nach
einem Angriff war sie in der Regel hinüber. Hatte der erste Treffer beispielsweise nicht ausgereicht, um ein Tier zu erlegen,
gestaltete sich der zweite Versuch bereits schwierig.
Hinzu kommt, dass Holz viel zu leicht ist,
um weit fliegen zu können. Andere Materialien mussten also her, die robuster waren und eine grössere Flugbahn erreichen
konnten.
Der Schaft aus Holz blieb bestehen, aber
für die Spitze kamen schnell härtere Materialien zum Einsatz, wie Horn oder Knochen. Beide halten deutlich grösseren Kräften stand. So
hatte der Benutzer die Möglichkeit, mehr Energie auf seine Waffe und damit auch auf sein Ziel zu übertragen. Die Treffer wurden härter
und damit auch tödlicher.
Noch langlebiger als Horn und Knochen ist
Stein. Hinzu kommt, dass das Material schwerer ist und damit für mehr Wucht bei den Treffern sorgen kann. Gelang es, den Stein so zu
schlagen, dass er sehr scharfkantig splitterte, entstand eine leistungsstarke Waffe.
Besonders gut eignete sich vulkanischer
Obsidian dafür, denn aus diesem Material lassen sich besonders scharfkantige Spitzen und Klingen herstellen. Bis heute werden
Skalpell-Klingen für filigran Arbeiten nicht selten aus Obsidian produziert.
Zu erwähnen ist allerdings, dass Spitzen
aus dieser Gesteinsart bei jedem Stoss weiter absplittern können. Ab einem gewissen Punkt schneiden sie nicht mehr, sondern zerreissen
nur noch. Verdrängt wurde der Obsidian schliesslich, als Metalle ihren grossen Siegeszug erlebten.
Den Anfang machten Metalle und
Legierungen, die sich leicht schmelzen liessen, darunter Bronze und Kupfer. Später gesellten sich schwerer zu verarbeitende
Materialien dazu, wie Eisen und schliesslich Stahl.
Welche Geschichte steckt hinter den verschiedenen Speer Arten?
Die ältesten Speerspitzen, die bis heute
gefunden wurden, sind fast eine halbe Million Jahre alt. Die älteste erfolgreiche Ausgrabung von Teilen eines Speers fand im
englischen Essex statt. Im Jahr 1911 entdeckten Forscher dort hölzerne Speerspitzen und schätzten sie auf ein Alter von 360.000 bis
420.000 Jahren.
Noch ältere Speerspitzen entdeckte man 2012
in Südafrika. Ob es sich bei den dort entdeckten Steinwerkzeugen tatsächlich um derartige Spitzen handelt, konnte nicht sicher belegt
werden. Sollte dies aber der Fall sein, würde es sich dabei um den ältesten Beweis für die Nutzung von Speeren handeln. Sie werden auf
ein Alter von sage und schreibe 500.000 Jahren geschätzt.
Als die ältesten vollständig erhaltenen
Waffen weltweit gelten die Schöninger Speere. Sie stellen einen wichtigen Beleg für die Jagdaktivitäten des Homo heidelbergensis dar, aus
dem später der Neandertaler hervorging. Dieser erste umfangreichere Fund kam während archäologischen Ausgrabungen in Schöningen im
Zeitraum zwischen 1994 und 1998 ans Licht.
Neun hölzerne Wurfspeere wurden gefunden,
die vermutlich aus der Altsteinzeit stammen und rund 290.000 bis 337.000 Jahre alt sein sollen. Sie wurden aus Fichtenstämmen und
Kiefernholz gefertigt. Dabei handelt es sich eigentlich um weiche Holzarten, doch die Speere bestehen aus langsam gewachsenen
Materialien.
Vermutlich befanden sich die Bäume in
klimatisch ungünstigen Regionen, weshalb sie in deren Wachstum gebremst wurden. Doch die Kämpfer profitierten davon, denn daraus ergab
sich deutlich festeres Holz.
Alle Schöninger Speere weisen eine Länge
zwischen etwa 1,80 und 2,30 Metern auf und wurden sehr sorgfältig gefertigt. Damit bieten sie Hinweise auf Fingerfertigkeiten auf
hohem Niveau und handwerkliche Tradition. Bei Rekonstruktionen zeigte sich, wie ausgefeilt sie tatsächlich waren: Sie liessen sich bis
zu 70 Meter weit werfen.
Eine kulturelle Reise durch
die Welt der Speere
Bis zum Mittelalter, in dem sich Lanze,
Pike, Armbrust und ähnliches immer weiter verbreiteten, gehörten Speere zu den wichtigsten Kriegswaffen. Besonders in der Antike
waren sie gefragte Kampfgeräte. So griffen die Römer beispielsweise auf das Pilum zurück.
Dabei handelte es sich um einen Wurfspeer
mit besonders hoher Durchschlagskraft. Er bestand aus einem etwa einen Meter langen Holzschaft und einer ähnlich langen Eisenstange.
An ihrem Ende formte sie eine Vierkantspitze.
Die Germanen setzten auf mehrere
verschiedene Speer Arten, darunter Ango und Ger bzw. Frame. Den Ango nutzten hauptsächlich die Franken, weshalb er auch als
fränkischer Haken bekannt ist. Er war mit einem rund zehn Zentimeter langen, pfeilförmigen Eisenblatt ausgestattet, das wiederum über
Widerhaken verfügte.
Dieses thronte auf einem etwa einen Meter
langen Eisenstab, der auf einem Holzschaft steckte. Daraus ergab sich eine Gesamtlänge von zwei bis drei Metern. Das Besondere an
dieser Waffe war, dass sich die Widerhaken nach dem Durchbohren des gegnerischen Schilds darin verfingen. So konnte dieser dem Feind
rasch entzogen werden.
Verschiedenen Annahmen zufolge bezeichneten
die Germanen mit Frame und Ger die gleiche Waffe. Andere Historiker und Sprachwissenschaftler wiederum gehen davon aus, dass es sich
dabei um zwei unterschiedliche Kampfgeräte handelte. Mit Frame wäre demzufolge eine lange Stosslanze gemeint gewesen und mit Ger eine
kürzere Wurf- und Nahkampfwaffe.
Letztere war ein leichter Speer mit einer
kurzen und besonders scharfen Eisenspitze. Sie soll die am häufigsten getragene Waffe der Germanen gewesen sein. Ausserdem galt sie
neben dem Schild als das wohl wichtigste Statussymbol des freien Mannes. Egal ob Zechgelage oder öffentliche Beratung – die Ger wurde
stets mitgeführt.
Welche Speer Arten gibt es?
Speere kommen in unzähligen verschiedenen
Variationen daher. Die Bandbreite der Arten ist gross. Im Folgenden stellen wir die gängigsten vor.
Ein klassischer Speer verfügt über eine
ganz einfache Stossspitze in Rautenform und zeichnet sich durch seine Einfachheit aus. Unterscheidungen gibt es hier vor allem
bezüglich der Breite der Spitze. Je grösser sie ist, desto schwerere Wunden kann sie zufügen. Schlanke Spitzen hingegen können
Panzerungen leichter durchdringen.
Der schwertähnliche
Klingenspeer
Die Spitze des Klingenspeers ist
überdurchschnittlich lang, weshalb die Waffe stark an einen langen Dolch oder ein Schwert erinnert. Man kann damit nicht nur
stechen, sondern auch schneiden oder sie mit schwungvollen Bewegungen als eine Art Axt benutzen. Das macht den Klingenspeer zu einer
besonders vielseitigen Waffe.
Der
Flügelspeer
Der Flügelspeer verdankt seinen Namen
seiner Form. Er ist unterhalb seiner Klinge mit herausragenden Haken ausgestattet, die an Flügel erinnern. Dank ihnen ist es möglich,
die Waffen anderer Kämpfer weit weg vom eigenen Körper zu parieren. Auch für das Drücken gegen einen feindlichen Schild bieten sich
Flügelspeere an.
Die dolchartige
Partisane
Auch bei der Partisane handelt es sich um
einen Flügelspeer, der allerdings mit einer dolchartigen Klinge daherkommt. Die Flügel sind oft ein direkter Teil davon und nicht
darunter angebracht. Die Partisane ist weniger sperrig als der herkömmliche Flügelspeer und wurde deshalb gern als Gardewaffe
eingesetzt.
Später entwickelte sich daraus die
Sponton-Partisane. Sie ist kürzer und fand vor allem bei Unteroffizieren Verwendung, bis das Zeitalter der Schwarzpulverwaffen
begann.
Es spricht rein gar nichts dagegen, mit
einem klassischen Speer zu werfen. Dennoch gibt es Modelle, die deutlich besser fliegen: die Wurfspeere. Sie sind leichter und legen
damit eine längere Flugbahn zurück. Man unterscheidet hier zwischen Javelin und Pilum.
Beim Javelin handelt es sich um einen
Stossspeer, der mit einer besonders leichten Spitze und einem ebenso leichten Schaft ausgestattet ist. Das Pilum hingegen verfügt über
eine lange Metallstange, die sich zu einer schmalen Spitze entwickelt. Sie macht bis zu einem Drittel der Gesamtlänge der Waffe
aus.
Beide sind in der Lage, ein Schild aus der
Ferne zu durchschlagen und den Gegner dahinter zu verwunden.
Zu den bekanntesten Jagdspeeren gehört die
Saufeder. Diesen Namen trägt sie, weil sie vor allem für die Jagd auf Wildschweine gedacht ist. Die Klinge ist stets kräftig
ausgearbeitet, breit und scharf, um ein Eindringen in das Fleisch des Tiers zu ermöglichen. Bei einem Stoss in den Brustkorb zerstört
es das Herz und die Lungen so, dass das Schwein sofort stirbt.
Wer einem Wildschwein zu nahe kommt,
läuft Gefahr, selbst das Leben zu lassen. Deshalb galt das Jagen mit einer Saufeder früher als königliche Mutprobe.
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